Bundesliga-Wahnsinn: Drei Tore in der Nachspielzeit – Wolfsburg und Köln teilen sich 3:3

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Ein 80. Geburtstag mit Herzrasen

14 Minuten Nachspielzeit, drei Treffer jenseits der 90. Minute und eine Stimmung, die man eher von Pokalabenden kennt: Das 3:3 zwischen dem VfL Wolfsburg und dem 1. FC Köln am 13. September 2025 in der Volkswagen Arena war ein Krimi, der zum Jubiläum passte. Der VfL feierte sein 80-jähriges Bestehen – gegründet am 12. September 1945 – und lief in besonderen Gedenktrikots auf. Am Ende stand ein Ergebnis, das keiner so schnell vergisst.

Schon die Ausgangslage versprach Biss: Köln kam mit sechs Punkten aus zwei Spielen, hatte Mainz spät durch Marius Bülter besiegt und Freiburg mit 4:1 entzaubert – bemerkenswert effizient, bei nur 38 Prozent Ballbesitz und einer Abschlussquote, die an einem Sahnetag lag. Wolfsburg unter dem neuen Trainer Paul Simonis war ebenfalls stabil gestartet: 3:1 in Heidenheim, danach ein 1:1 gegen Mainz, bei dem der Ausgleich kurz vor Schluss per Elfmeter fiel. Es war also klar: Beide Teams können spät zustechen – und genau das taten sie.

Der Beginn gehörte den Gästen. Nach fünf Minuten traf Luca Waldschmidt zur Kölner Führung. Wolfsburg brauchte, um reinzufinden, aber das Heimteam blieb ruhig. Kurz vor der Pause dann der Ausgleich: Mohamed El Amine Amoura erzielte in der 42. Minute das 1:1 – ein Treffer, der den Ton für Halbzeit zwei setzte. Köln suchte das Umschalten, Wolfsburg nahm mehr Kontrolle und lief die Linien entschlossener an.

Nach dem Seitenwechsel wurde Wolfsburg dominanter, und der nächste Wirkungstreffer folgte: Lovro Majer drehte die Partie in der 65. Minute. Da wirkte es, als hätten die Hausherren den Zugriff gefunden: mehr Präsenz im Zentrum, klarere Wege über die Halbräume, gutes Timing an der Strafraumkante. Köln blieb zäh, lauerte auf die eine Szene, bekam sie aber zunächst nicht.

Und dann kam die Nachspielzeit. Erst glich Ísak Bergmann Jóhannesson in der 90.+1 aus – die Kölner Bank sprang, das Stadion brummte. Wolfsburg antwortete mit purer Willenskraft: Maximilian Arnold, das Gesicht des VfL über viele Jahre, stellte in der 90.+9 wieder auf Führung. Wieder Jubel, wieder das Gefühl: Das war's. Aber dieser Abend hatte noch eine letzte, fast surreale Wendung. In der 90.+14 traf Jakub Kaminski zum 3:3. Ein Schlagabtausch, der die Nerven blanklegte und die Chronometer an ihre Grenzen brachte.

Das Umfeld passte zur Dramaturgie. Die Jubiläumsstimmung trug das Team, die Ränge waren laut, und beide Fanlager schoben an. Am Ende blieb dieses Bild: zwei Mannschaften, die bis zur letzten Sekunde gingen, und ein Scoreboard, das noch Minuten nach Abpfiff wie eingefroren wirkte, weil alle erst einmal Luft holen mussten.

Sportlich ist das Unentschieden ein doppeltes Statement. Köln verteidigt die weiße Weste – auch wenn die perfekte Serie reißt, bleibt der Rhythmus. Wolfsburg sammelt Punkte und Selbstvertrauen unter Simonis, verpasst aber den Heimsieg, der nach Arnolds spätem Strahl greifbar war. Das ist beides wahr: ein gewonnener Punkt für Köln und zwei verlorene für den VfL.

Individuell stachen einige Namen heraus. Waldschmidt eröffnete den Abend eiskalt, Amoura setzte mit Tempo und Tiefgang den Ton für Wolfsburg. Majers Führungstor gab den Wölfen Struktur, Arnold zeigte einmal mehr, warum sein linker Fuß in Wolfsburg fast eine Institution ist. Bei Köln hatten Jóhannesson und Kaminski das Timing für den Punch. Es waren keine Zufallstreffer, sondern sauber zu Ende gespielte Momente in Phasen, in denen Konzentration normalerweise nachlässt.

Warum die Nachspielzeit explodierte – und was es bedeutet

14 Minuten draufzugeben ist außergewöhnlich, aber erklärbar. In der Schlussphase gab es viele Unterbrechungen: Wechsel, Behandlungen, Diskussionen, Checks – all das summiert sich. Der Rhythmus zerriss mehrfach, und je länger die Uhr lief, desto hektischer wurde jede Aktion. Genau in dieser Unordnung fanden beide Teams ihre Chancen. Das spricht für die mentale Schärfe der Spieler, aber auch dafür, dass die Balance auf dem Platz kippte: Wolfsburg wollte das 3:1, Köln riskierte das 2:2 – am Ende fiel beides, nur in anderer Reihenfolge.

Solche Endspiele sind in der Bundesliga nicht Alltag, aber sie zeigen Trends. Die Nachspielzeit wird konsequenter nachgeholt, Tore fallen später, und Mannschaften geben enge Spiele seltener früh auf. Köln hat das schon in den Wochen zuvor präsentiert: Späte Entschlossenheit, auch wenn der Ballbesitz niedrig ist. Wolfsburg erlebt das zweite Mal in kurzer Zeit, dass die letzten Minuten das Ergebnis drehen – gegen Mainz negativ, gegen Köln bittersüß. Daraus lässt sich lernen.

Taktisch sah man zwei klare Pläne. Köln verteidigte kompakt, suchte danach mit wenigen Kontakten die Tiefe. Wolfsburg versuchte, über Majer und die Achterbahnen die Zwischenräume zu füllen, um Amoura hinter die Kette zu schicken. Als die Partie offenbrach, wurden Standards, zweite Bälle und direkte Läufe entscheidend. Genau dort fiel die Entscheidung – oder besser: die Nicht-Entscheidung.

Für die Tabelle bedeutet das Remis: beide bleiben ungeschlagen, beide schicken ein Signal. Kölns Start mit sieben Punkten aus drei Spielen wäre ein Traum – aber auch mit einem Zähler in Wolfsburg zeigt das Team Widerstandskraft. Beim VfL ist der Trend unter Simonis stabil. Vier Punkte aus zwei Spielen wurden nun zu fünf aus drei – das liest sich bodenständig, fühlt sich nach diesem Abend aber zweischneidig an. Das Gefühl, einen sicher geglaubten Heimsieg aus der Hand gegeben zu haben, bleibt.

Und doch ist da viel Positives. Wolfsburgs Offensive funktioniert: drei Tore gegen einen Gegner, der zuletzt extrem effizient verteidigte. Die Mischung aus Dynamik (Amoura), Spielkontrolle (Majer) und Führungsqualitäten (Arnold) macht Mut. Köln wiederum bringt Breite im Kader auf den Rasen: Verschiedene Torschützen, späte Qualität, ein Team, das in Wellen kommt und nicht nachlässt. Genau das trägt eine Saison.

Der Rahmen tat sein Übriges. Die Gedenktrikots, die Choreos, das Stadion im Geburtstagsmodus – es war die Art von Fußballabend, den ein Verein sich wünscht: Identität auf dem Platz, Geschichte auf der Tribüne, Drama bis zum letzten Kick. Dass der große Wurf – drei Punkte zum 80. – ausblieb, kratzt an der Romantik. Aber die Bilder dieses 3:3 werden bleiben.

Was nehmen die Trainer mit? Bei Wolfsburg die Mahnung, späte Führungssituationen besser zu managen: Ballzirkulation, klare Anspielstationen, weniger Hektik. Bei Köln die Bestätigung, dass der Plan für die Schlussphasen sitzt: Glaube, Frische, Mut. Beides sind Bausteine, die in engen Wochen mit englischen Rythmen über Punkte entscheiden können.

Die Statistik-Geschichte schreibt sich nebenbei fort. Kölns Effizienz der Vorwochen war kein Strohfeuer, auch in Wolfsburg brauchten die Gäste nicht viele Ballbesitzphasen für Wirkung. Beim VfL zeigt die Kurve nach vorn: In Heidenheim treffsicher, gegen Mainz unglücklich, jetzt drei Tore gegen einen formstarken Gegner. Es fehlt nicht viel zur Souveränität über 90 plus X Minuten.

Und ja, dieses X wird bleiben. Mit längeren Nachspielzeiten wächst die Zahl der späten Wendungen. Das 3:3 in Wolfsburg ist ein Lehrbuchfall: Momentum schlägt Standbild. Wer die letzten fünf Prozent Konzentration hält, erntet späte Tore. Köln hat das an diesem Abend zweimal demonstriert, Wolfsburg einmal – am Ende teilen sie sich die Punkte und einen Moment, über den man noch sprechen wird, wenn die Geburtstagskerzen längst ausgepustet sind.

  • Schlüsselszenen: 90.+1 Jóhannesson, 90.+9 Arnold, 90.+14 Kaminski – drei Stiche ins Nervenzentrum einer Partie.
  • Spielbilder: Wolfsburg kontrollierte nach der Pause, Köln konterte mit maximaler Effizienz.
  • Formkurven: Köln bleibt ungeschlagen, Wolfsburg unter Simonis weiter ohne Niederlage – beide bestätigen den frühen Trend.
  • Kontext: Jubiläumsabend, Sondertrikots, laute Ränge – ein Rahmen, der den Schlagabtausch noch größer wirken ließ.

Über den Autor

Rüdiger Meisenheimer

Rüdiger Meisenheimer

Hallo, ich bin Rüdiger Meisenheimer und ich bin ein Experte für Sport. Meine Leidenschaft für Fußball hat mich dazu veranlasst, darüber zu schreiben und meine Gedanken und Analysen mit anderen Fans zu teilen. Mit jahrelanger Erfahrung im Sportjournalismus bringe ich mein Fachwissen ein, um die Faszination für den Fußball weiterzugeben. Ich verfolge die Spiele und Entwicklungen in verschiedenen Ligen und Turnieren auf der ganzen Welt. Mein Ziel ist es, meine Leser über die neuesten Ereignisse im Fußball auf dem Laufenden zu halten und ihnen spannende Einblicke in die Welt des Sports zu bieten.